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Keine Verurteilung wegen nicht angeklagter Steuerhinterziehung ohne Nachtragsanklage

Eigentlich selbstverständlich ist, dass ein Angeklagter nur wegen Taten verurteilt werden darf, die Gegenstand der zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage sind.

Der für steuerstrafrechtliche Verfahren zuständige erste Strafsenat des BGH musste dies in seinem Beschluss vom 05.03.25 (Az.: 1 StR 501/24) gleichwohl klarstellen.

In erster Instanz hatte das Landgericht Dresden den Angeklagten unter anderem wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen der Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärungen 2013 bis 2016 und wegen versuchtem Unterlassen betreffend die Jahre 2017 und 2018 für die C-GmbH verurteilt- im Ergebnis rechtsfehlerhaft, wie der BGH in seiner Revisionsentscheidung feststellt.

Denn Gegenstand der zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage war nur die Abgabe unvollständiger Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Besteuerungszeiträume 2013, 2014 und 2015 sowie die Abgabe unvollständiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar 2016 bis Juli 2018 für die B-GmbH.

Bei der vom Landgericht ausgeurteilten Tat handelte es sich aufgrund der abweichend vorgeworfenen Begehungsweise und vor allem wegen des Wechsels des Umsatzsteuerschuldners von der B-GmbH zu der C-GmbH bei der Urteilsfindung schlicht um eine andere als die in der Anklage zur Hauptverhandlung zugelassene Tat.

Denn hinsichtlich des Delikts der Steuerhinterziehung ist die Tat im Sinne von § 264 Abs. 1 StPO regelmäßig durch die unrichtige oder unvollständige (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO; BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 – 1 StR 665/08 Rn. 5; Urteil vom 14. Juni 2023 – 1 StR 209/22 Rn. 10) oder pflichtwidrig unterlassene (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; BGH, Urteil vom 14. Oktober 2020 – 1 StR 213/19 Rn. 15; Beschluss vom 9. August 2023 – 1 StR 125/23 Rn. 5) Steuererklärung eines bestimmten Steuerpflichtigen für eine bestimmte Steuerart und einen bestimmten Besteuerungszeitraum abgegrenzt, nicht allein durch die inmitten stehenden Besteuerungsgrundlagen als solche (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2024 – 1 StR 426/23 Rn. 21).

Folglich wäre zur rechtsfehlerfreien Verurteilung wegen dieser Tat eine förmliche Nachtragsanklage nötig gewesen, die aber seitens der Staatsanwaltschaft nicht erhoben wurde.

Zu Recht hat der BGH daher das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Dresden aufgrund eines Verfahrenshindernisses mit einstimmigem Beschluss aufgehoben.

Die Entscheidung ist abrufbar unter: https://rewis.io/urteile/urteil/ha8-05-03-2025-1-str-50124/

Jan Sollmann