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Kein Generalvorsatz für Strohleute

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 25.04.2024 erfreulich klar entschieden, dass der strafrechtlich notwendige Vorsatz von sog. „Strohleuten“ nicht allein aus deren Stellung als formeller Geschäftsinhaber geschlossen werden darf.

Das Problem: Nicht selten werden bei Unternehmen sog. „Strohleute“ eingesetzt. Diese sind offiziell für das Unternehmen verantwortlich, tatsächlich lenken aber andere Personen die Geschicke. Das ist nicht schlechthin verboten, aber riskant. Wenn aus dem Unternehmen heraus durch die Hinterleute Straftaten begangen werden, steht zunächst der Strohmann im Fokus der Ermittlungen.

Umstritten ist seit jeher, ob und welche strafrechtliche Verantwortung den „Strohmann“ trifft. Der Bundesgerichtshof ist hier streng: Grundsätzlich haftet der „Strohmann“ strafrechtlich in gleichem Maße wie ein „echter“ Geschäftsführer (siehe hierzu BGH v. 03.10.2016, 3 StR 352/16). Entweder ist er selbst Täter, indem er die aus dem Unternehmen heraus erfolgten Straftaten nicht verhindert. Oder er ist jedenfalls Gehilfe der Hintermänner, indem er sich als offiziell Verantwortlicher zur Verfügung stellt.

In der Praxis führt das häufig dazu, dass nach Aufklärung der Straftaten der Hintermänner die Strohleute ohne größere Feststellungen wegen Beihilfe angeklagt werden. Dem hat das Landgericht Nürnberg-Fürth mit deutlichen Worten eine Absage erteilt.

Angeklagt waren fünf Personen: Der Hintermann und faktische Geschäftsführer A sowie vier weitere Personen, die für den A auf eigenen Namen Gewerbe angemeldet hatten. Tatsächlich hatten diese Strohleute mit dem operativen Geschäft „ihrer“ Unternehmen nichts zu tun. A kümmerte sich nicht ausreichend um die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten der Unternehmen, weshalb er täterschaftlich wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt angeklagt wurde. Den vier Strohleuten wurde Beihilfe zu diesen Taten vorgeworfen, da sie es ermöglicht hätten, dass der A seine faktische Geschäftsführerstellung verschleiern konnte. Weitere Feststellungen hinsichtlich des Vorsatzes der Strohleute hatte die Staatsanwaltschaft nicht getroffen.

Das Landgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens hinsichtlich der vier Strohleute abgelehnt. Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft könne man nicht davon ausgehen, dass bei Strohleuten generell ein (Beihilfe-)Vorsatz für Straftaten der Hintermänner vorliege. Zu wissen, dass auf den eigenen Namen ein Betrieb läuft, der faktisch von jemand anderem geführt wird, bedeute nicht gleichzeitig Kenntnis oder Inkaufnahme von aus dem Unternehmen heraus begangenen Straftaten.

Dem ist nur zuzustimmen. Die Entscheidung bietet deshalb Verteidigungspotenzial in vergleichbaren Fällen.

Dr. Barbara Bischoff, Johannes Prunzel